Bratkartoffeln und die dunkle Seite der Macht
Dinge werden unterschiedlich bewertet. Auch Unternehmen sind in diesem Fall Dinge. Ob jemand gut oder schlecht darüber spricht können sie maßgeblich beeinflussen, wie folgendes Beispiel zeigt:
Als meine Kinder im Alter von 6 und 11 Jahren aus mir unerfindlichen Gründen Bratkartoffeln nicht mehr anrühren wollten, war ich in Zugzwang. Wollte ich doch nicht gänzlich auf meine Leibspeise verzichten. Ich musste mir also etwas einfallen lassen.
So machte ich mir klar, welche Stäken ich einsetzen könnte, um die Situation zu ändern. Ich bin ja bekanntlich Werber – ein Teil der dunklen Seite Macht, wenn man so möchte. Ich entschied mich, diese Macht einzusetzen. Das lief dann folgendermaßen ab:
Ich rief meine Jungs zum Essen. Es gab – oh Wunder – Bratkartoffeln. Allerdings hatte ich den Tisch nur für mich gedeckt und bat die Kinder, am Tisch Platz zu nehmen.
Ich bewegte mich langsam zum Herd und griff nach der Pfanne mit den knusprigen Bratkartoffeln. Auf dem Weg dorthin spracht ich ruhig und bedächtig zu meinen Jungs: „Heute mache ich Euch Euer Lieblingsessen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ihr am Tisch sitzen bleibt und mir beim essen meiner Bratkartoffeln Gesellschaft leistet.“ Der Deal war ok für meine Jungs.
Was jetzt passierte kostete ich mit jeder Faser meines kreativen Schaffens aus.
Ich begann also, mir die knusprigen Bratkartoffeln langsam aufzufüllen, was an sich schon einer Inszenierung glich. Dann füllte ich den Raum mit wohligen, warmen Worten – Werbetexter halt. Ich beschrieb die Herkunft meiner Kartoffeln, die Zutaten und die Zubereitung, was etwa so klang: „Diese aromatischen Erdäpfel duften förmlich noch nach der schweren, nassen, dunklen Erde, aus der sie sorgfältig ausgewählt wurden. Nach dem Säubern habe ich sie in feine Scheiben geschnitten und in feinstem Olivenöl knusprig goldbraun gebraten. Oh, wie das duftet.“ Zwischendrin suchte ich immer wieder den Augenkontakt zu den Jungs, um zu überprüfen, ob ich mit meinen Formulierungen ins Schwarze traf. Das tat ich. Die Augen wurden immer größer. Zwischendrin merkte ich an, dass genau dieses Gericht heute nicht für sie zur Verfügung stehen würde. Ich nenne es das „Mon Chérie Prinzip“ – künstliche Verknappung des Marktes. Mon Chérie gibt es schließlich auch nicht das ganze Jahr über. Dadurch entsteht kurz vor Saisonende eine erhöhte Nachfrage, weil sich die Liebhaber des Produktes damit bevorraten.
Im Grunde sind gute gemachte Bratkartoffeln ja auch nichts anderes als knusprige Pommes. Das hatten meine Jungs aber noch nicht so gesehen. Mit meinen Mitteln habe ich es geschafft, Bratkartoffeln für meine Jungs neu zu positionieren. Was glauben Sie, wie meine Kinder heute über Bratkartoffeln denken und reden? Nur soviel: Wenn es welche gibt, hört man wohlig grunzende Laute und genuschelte Aussagen, wie: „hmm. lecker knusprig“. Was ich damit eigentliche nur sagen möchte: Ihre Unternehmen ist genau das, was sie und ihre Mitarbeiter darin sehen.
Vergleichen wir die Auswahl an Gerichten, die für Jugendliche in Frage kommen, dann haben Bratkartoffeln eher eine unterdurchschnittliche Chance auf dem Teller zu landen. Genau diese Auswahl haben Kunden auch. Es geht also darum, wie schmackhaft sie und ihre Mitarbeiter von den Vorzügen einer Zusammenarbeit berichten.
„Guten Appetit und guten Umsatz.“